Alle Beiträge von Oliver Göritz

Schwarze Stunden in Tromsø

Wieder einmal war es an der Zeit, Tromsø zu besuchen. Der Businessplan war pünktlich zum Jahreswechsel fertig gestellt und wir endlich in der Lage und auch überzeugt davon, ein erstes Meeting mit der Bank zwecks Finanzierung unseres Projektes durchzuführen zu können. In Frage kam „selvfølgelig“ unsere Hausbank die SpareBank1. Wir vereinbarten also Anfang Januar schon einen Termin für den 29.01. mit unserem Kontaktmann und gleichzeitigem Abteilungsleiter Immobilien-Finanzierung in der größten Bank Nord-Norwegens. Wir berichteten über ihn und seine Hilfsbereitschaft bereits in der Story Handelsregister beantragt.

Kurz vor dem Termin bei der SpareBank1
Kurz vor dem Termin bei der SpareBank1

Am selben Tag bekamen wir auch einen Termin bei Innovasjon Norge mit der Abteilungsleiterin für Tourismus in Nord-Norwegen. Diese Gesellschaft wurde als staatliche Einrichtung einzig zu dem Zweck gegründet, die norwegische Wirtschaft zu unterstützen und Norwegens Ansehen als touristisches Ziel zu verbessern. Wir hatten den Tipp von Andree bei DinTur in Bremen. Er sagte, wir sollten unbedingt mit denen Kontakt aufnehmen, da Innovasjon Norge solche Projekte wie unseres teils sehr spendabel mit Staatszuschüssen förderte. Letztendlich bekamen wir auch noch einen Termin mit unserem Projektleiter Alf zu Stande, so dass sich ein runder Besprechungstag für diesen Reisetermin ergab. Auch unser Freund Robert aus Stavanger erklärte sich bereit, unsere Meetings mit seinen Sprachkenntnissen zu unterstützen und wir buchten drei Flugtickets sowie drei Hotelbetten im Tromsøer Stadtzentrum.

Businessplan wird Forretningsplan

Den Businessplan sandten wir nach Fertigstellung zu unseren Steuerberatern und ausgewählten Bekannten und Verwandten. Wir hofften auf vielfältiges Feedback zu unserem Vorhaben Mikkelvik Brygge, einer komfortablen Anlage für Angelreisen nach Norwegen. Das bekamen wir auch reichlich. Alle Freunde, Berater und auch unsere lieben Eltern gaben uns so viele tolle Sichtweisen auf den Businessplan, dass wir jetzt in der Lage waren, ihn nochmals zu optimieren. Das Endergebnis musste nun nur noch rasch ins Norwegische übersetzt werden. Wir fanden zum Glück auch eine Übersetzerin, die diese zeitlich begrenzte Situation noch retten konnte. Wir Drittelten den Businessplan und fanden Unterstützung bei Reinhard, Steve und besagter Frau, welche uns mit der Übersetzung halfen. Innerhalb von vier Tagen hatten wir die 15 Seiten „Forretningsplan“ in den Händen und konnten ihn schon einen Tag vor Reiseantritt an Bank und Fördergesellschaft via E-Mail senden. Vielen Dank auch an dieser Stelle für die Unterstützung!

Norwegen streikt

Wir hatten einen angenehmen Hinflug. Nur in Oslo mussten wir eine Stunde länger warten als gebucht, da ein Streik (!) gegen die aktuellen arbeitspolitischen Ambitionen den Abflug nach Tromsø verzögerte. So hatten wir Zeit das Wiedersehen mit Robert auf dem Flughafen in Oslo ausgiebig zu begießen – mit einer Tasse ordentlich starkem Kaffee. Robert hatte die Nacht durchgearbeitet und war gleich im Anschluss in den Flieger nach Oslo gestiegen. Tapfer! Danke 🙂

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Tromsø bei Nacht aus dem Hotelflur betrachtet

Am frühen Abend nahmen wir erstmals den „Flybuss“ vom Flughafen Tromsø ins Stadtzentrum. Mit nur kr. 80 je Person sicherlich die preiswerteste Beförderungsart ins Herz der Stadt. Erfreut sichteten wir die Einrichtung der Zimmer im gebuchten Hotel, die dem Namen Comfort Hotel Express alle Ehre macht. Der Ausblick vom Flurfenster war grandios. Durch eine wandgroße Fensterscheibe hatten wir einen wundervollen Blick auf den Hafen. Hungrig gingen wir sofort im Anschluss wieder zurück zu der Kreuzung, wo wir schon bei Ankunft eine Pizzeria als sehr anziehend empfanden.

Wir präsentieren die Zahlen

Am Donnerstagmorgen ging es, auf direktem Weg zur Bank, erst einmal in unser Lieblingscafé. Junge ambitionierte Norweger verstehen es hier exzellenten Kaffee und leckeres Frühstück zu servieren. Auf selbiges muss man in dem von uns gewählten Hotel verzichten, da die Betonung im Namen auch auf dem „Express“ liegt. Pünktlich und gestärkt standen wir anschließend zu dritt am Empfangstresen der Bank, wurden dann aber doch in ein naheliegendes Gebäude der Abteilung Immobilien-Finanzierung verwiesen. Dort wartete unser Ansprechpartner schon freudig an seiner großen Schaufensterscheibe stehend und begrüßte uns beim Eintreffen wie bei einem Wiedersehen von „alten“ Bekannten! Wir gingen mit ihm und einem Kollegen in den Konferenzraum und plauderten in den ersten Minuten angenehm heiter. Beide hatten unseren „Forretningsplan“ ausgedruckt vor sich zu liegen und bereits auf einigen Seiten Markierungen gemacht. Wir präsentierten an einem bereitstehenden Monitor die mitgebrachten Zahlen unseres Finanzierungsplanes.

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Kaffee-Deko in unserem Lieblingscafé in Tromsø

Unsere Gesprächspartner waren sehr interessiert, stellten klare Fragen und notierten sich neu erworbene Fakten. Die Markierungen der Beiden wurden durchgegangen und konnten aus unserer Sicht mit überzeugenden Argumenten abgehakt werden. Wir bekamen die Zusage einer intensiven Prüfung unserer Zahlen durch die Bankmitarbeiter und die Information, dass ein Kredit-Angebot der Bank dann als positive Antwort zu verstehen wäre. Dazu einigten wir uns darauf, noch auf die abschließenden Angebote aller Baubeteiligten zu warten um sie in die Finanzplanung einzupflegen. Unsere Ansprechpartner registrierten als sehr positiven Kern des Businessplans die optimistische Grundaussage von DinTur und signalisierten auch sonst mit ihrer Aufmerksamkeit fortbestehendes Interesse an unserem Vorhaben.

Wir können mit Zuschüssen rechnen

Anschließend ging es zum Treffen mit Innovasjon Norge. Nicht weit von der Bank entfernt kamen wir vom Wind ordentlich durchgepustet und durchgefroren in deren Büro an und wurden von unserer Ansprechpartnerin sehr freundlich empfangen. Im Konferenzraum präsentierten wir Bilder und Fakten der Angelanlage Mikkelvik Brygge. Die Leiterin der Abteilung Tourismus stellte interessierte Fragen zu unseren Vorbereitungen und gab uns Tipps fürs Wintergeschäft in der Region Tromsø. Einen Antrag auf Unterstützung könnten wir aber erst stellen, wenn der Regulierungsplan bestätigt ist und auch die Bank eine positive Kreditentscheidung trifft. Auf unsere Frage hin, was wir denn noch vorbereiten könnten um eine Zusage zur Unterstützung zu erleichtern, sagte sie uns, dass wir schon alles vorbereitet haben, was man dafür braucht.

Baugespräch im Dunklen

Erleichtert nahmen wir ein Taxi zu unserem letzten Meeting beim Projektleiter Alf. Vorbei an der Eismeer-Kathedrale und der Bergseilbahn ging es zu seinem Firmensitz auf der östlichen Festlandseite von Tromsø. Auch hier wurden wir sehr freundlich und sogar ein wenig herzlich empfangen. Bei Kaffee und Wasser ging es auch gleich zur Sache. In fließendem Norwegisch wurden Themen wie Straßenbau, Medienanschluss und Abwasserbeseitigung besprochen. Auch die Fundamente und die Steganlage wurden durchgesprochen. Die Erschließungskosten sollen uns bis Mitte Februar allumfassend verfügbar sein, versprach uns Alf. Auch beim Bauantrag werden uns die beiden unterstützen, wenn wir die Baupläne nach norwegischen Vorschriften erstellen lassen. Doch mitten drin im bereits heiteren Gespräch fiel plötzlich der Strom aus. Wie die Sekretärin des Büros schnell herausfand sogar in ganz Nord-Norwegen. Ein Zustand der in den letzten 25 Jahren nicht vorkam. „Zappen duster“, schnell kälter werdend und ohne Alternativen, da ganz Norwegen fast ausschließlich Strom auch für die Heizung benutzt. Bei Kerzenschein und Handy-Taschenlampen gingen wir noch die letzten Punkte der Baubesprechung durch. Es war fast ein bisschen „koselig“. Auf jeden Fall wissen wir jetzt, was es bedeutet, dass man in Notsituationen in Nord-Norwegen mehr zusammenrutscht. Man improvisiert!

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Bauplanung bei Kerzenschein

So endeten unser Gespräch nach knapp 3 Stunden sehr herzlich und dieser Meeting-Tag mit insgesamt 6 Gesprächsstunden für uns mit einer Taxifahrt zurück ins völlig dunkle Stadtzentrum. Nachdem uns die Automatiktüren des Hotels persönlich aufgeschoben wurden, trafen wir im Dunkel der Lobby auf ca. 50 andere wartende Hotelgäste. Auch hier musste zusammengerutscht werden, da die Sitzplatzanzahl begrenzt war. In dieser fast anderthalbstündigen Situation lernten wir zwei Neuankömmlinge aus Berlin-Mahlsdorf (wie klein die Welt sein kann) und Marianne aus Bergen kennen. Gemeinsam freuten wir uns über die Rückkehr einer stabilen Stromversorgung und dann konnten wir auch endlich wieder auf unsere mit Keycards gesicherten Zimmer. Auf der Suche nach einer attraktiven Gastlichkeit fürs Abendbrot wurden wir leider enttäuscht. Unser Lieblingsrestaurant war bereits ausgebucht. Viele andere Restaurants hatten nach der langen Strompause nicht mehr eröffnet oder gar keine warme Küche im Angebot. So gingen wir wieder zur Pizzeria auf der Ecke und wurden von einem deutschen Auswanderer mit „bon giorno“ begrüßt und satt und müde mit „auf Wiedersehen“ verabschiedet. Völlig knülle und mit dem Wecker auf vier Uhr gestellt fielen wir ins Bett. Unser Fazit dieser Reise: Wir haben zwar kein konkretes Ergebnis mit zurück gebracht aber wir sind auf dem richtigen Weg!

PS: Alf ist aufgefallen, dass sich unser norwegisch verbessert hat… da sind wir schon ein bisschen stolz drauf! Außerdem hat sich unser Grundstücksverkäufer auch schon im Vorfeld nach passenden Unterkünften für unsere Bauarbeiter umgesehen. Wir sagen „tusen takk, Björnar“!

Fetter Jahresausklang

Wie schon erzählt, hatten wir ja bereits eine schöne Bescherung dank des Same-Parlaments. Doch es ging noch besser vor Weihnachten: um in Norwegen ein Grundstück zu Gewerbezwecken kaufen zu dürfen, beantragt man mit der Kaufentscheidung bei der zuständigen Kommune auch gleich die nötige Konzession. Der von uns beauftragte Makler beantragte die Konzession bereits im August mündlich bei der bearbeitenden Stelle in der Kommunalvertretung und erhielt die Information, dass es problemlos verlaufen würde. Also stellten wir diesen Antrag auch schriftlich. Allerdings benötigten wir dazu den Segen von Brønnøysund, dem norwegischen Handelsregister, dass die Käuferin auch eine in Norwegen zugelassene Aktiengesellschaft ist. Diese erhielten wir ja, wie schon auf Facebook berichtet, bereits im Oktober dieses Jahres. Daraufhin teilten wir unsere frische Organisationsnummer, von der nun offiziellen Gesellschaft, unserem Grundstücksverkäufer mit, so dass dieser wiederum den Konzessionsantrag nun mit der neuen Nummer bei den dortigen Behörden abgeben konnte. Dann tat sich einen Monat lang erstmal nichts, bis Anfang Dezember ein Schreiben aus der Balsfjord Kommune bei uns im E-Mail-Postfach landete. Balsfjord ist die Kommune, in der die Aktiengesellschaft ihren offiziellen Sitz hat – solange, bis wir offiziell in Mikkelvik einen Postkasten einweihen werden.

Bald steht er auch wirklich, der Briefkasten der schönsten Angel- und Urlaubsanlage in Mikkelvik

Wir wurden in dieser E-Mail befragt, welcherlei Gewerbe denn auf diesem Grundstück geplant sei. Wir informierten in einer umgehenden Antwort sehr ausführlich über unsere künftigen Pläne. Es war zwei Wochen später unser Makler, der uns über den glücklichen Umstand informierte, dass der Konzessionsantrag eine Zustimmung aus den kommunalen Zuständigkeiten erhalten hatte. Wie wundervoll! Doch es ging auch noch besser. Denn unser Makler beantragte daraufhin umgehend auch das Grundbuchamt in Norwegen, unsere Gesellschaft als rechtmäßigen Eigentümer festzuhalten. Und nun haltet Euch fest: Bereits einen Tag später stand es schon drin! Ob da nicht vielleicht der Weihnachtmann auf unserer Seite war? Wie auch immer, wir möchten uns an dieser Stelle herzlich bei allen Freunden, Unterstützern und Partnern bedanken, dass unser gemeinsamer Traum in diesem Jahr so weit vorangetrieben wurde. Ohne Eure Unterstützung wäre es niemals dasselbe und vor allem niemals so schön!

Vielen Dank und schöne Feiertage und ein gesundes Neues Jahr / Tusen takk, en god jul og et godt nytt år

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Katja und Oliver bedanken sich herzlichst

Stolpersteine

 

Ich sitze nun schon zwei Wochen intensiv an der finalen Version unseres Businessplans. Das Thema Marketing fließt nur gerade so aus meinen Fingerspitzen. Zeit für eine kleine Resümee-Pause. Zeit für etwas Ablenkung von dieser allzu theoretischen Betrachtungsweise unseres Vorhabens. Zeit auch um zu träumen. Unser Traum von Norwegen entsteht und der Genuss ist vollends. In alle Richtungen schwärmen wir vollmundig und aus allen Richtungen kommt ein „schnurren“ zurück. Es ist ein großartiger Moment und wir behandeln ihn sehr respektvoll und zufrieden. Wenn da nicht ständig diese Stolpersteine wären, könnten wir von Perfektion reden. Aber wer will das schon. Also reden wir heute mal über Stolpersteine, die uns auf unserem Abenteuer so begegnen.

Sametinget

Wir sind mit dem Projekt an der Stelle angelangt, wo es einer Fremdeinwirkung bedarf. Wir waren ja im September auf dem Grundstück und haben uns mit dem Vorbesitzer und unserem Projektleiter über dessen Potentiale unterhalten. Darauf folgten die unterschiedlichsten Pläne und der Modellbau. Als Resultat bekamen wir eine Grundstücksplanung, die anhand unseres Modells vorstellbar wurde. Nun musste unser Projektleiter diesen Bauantrag zur Regulierung in der Zweckbestimmung „Gewerbe“ an verschiedene Institutionen aussenden, um den gesetzlichen Weg einzuhalten. Darunter befanden sich unsere Kommune, die Fylke Troms (gleichzusetzen mit einem Bundesland), das Museum Tromsø, das Same-Parlament und verschiedene Tageszeitungen wie z.B. Nord-Lyset. Das normale Prozedere wäre die Zustimmung aller zu unseren Plänen gewesen. Nicht so in unserem Fall. Wir bekamen also von allen einen Antwortbrief. Die Kommune und die Fylke freuen sich indirekt über unser Bauvorhaben und signalisierten dies mit einem verbalen Grünen Licht. Das Museum verwies auf die Samen und die ließen eine Bombe platzen. In deren Schreiben mussten wir erfahren, dass unser Bauplan auf unserem soeben erworbenen Grundstück so nicht durchgeführt werden kann. Zwar hätte das Same-Parlament auf den grundsätzlichen Bauantrag aus dem Jahre 2006 nicht widersprochen, müsse dies jetzt aber auf unsere Regulierung hin tun. Als Grund dieser Tatsache nannte der Absender die Eintragung eines Same-Kulturerbes auf unserem Grundstück.

Das ist der „Mikkel“. Er wacht über das ganze Land (vielen Dank an Eva G.)!

Dieses Kulturerbe sei vermutlich auf unserem Grundstück zu finden und wurde mit einem Sicherheitsring von knapp 100m Durchmesser vorsorglich 2012 in das kulturelle Denkmalsregister von Norwegen eingetragen. Diese Vorgehensweise war im Sinne des norwegischen Kulturerbe-Gesetzes korrekt. Als Lösung wurde in diesem Schreiben gleichfalls vorgeschlagen, man könne ja eine Prüfung veranlassen und auf unsere Kosten die Ausgrabung an dem vermutlichen Platz durchführen. Auf unsere Kosten eine Ausgrabung finanzieren und dann noch nicht mal sicher sein, ob es tatsächlich auf unserem Grundstück etwas zu finden gibt? Laut Eintragung im besagten Register hätten wohl Untersuchungen auf dem Nachbargrundstück 2012 ergeben, dass es sich bei den Fundstücken um einen Tonpfeiffenstil handelt. Dieser lag wohl schon über hundert Jahre dort. Neben einem Haufen verbrannten Holzes. Luftbildaufnahmen verleiteten daraufhin die Untersuchenden dazu, die auf unserem Grundstück befindlichen geologischen Formationen als Grundrissmauern eines Samischen Bootsschuppens zu deuten. Auf Grund dieser Feststellung erfolgte der Eintrag in das Kulturerbe-Register durch das Same-Parlament.

Eins, zwei … Zauberei

Unser Projektleiter antwortete mir auf meine Frage, auf was wir uns nun konzentrieren sollten: das Schreiben vom Same-Parlament müssten wir zuerst behandeln. Er fuhr mit dem Vorbesitzer unseres Grundstücks erstmal zu unserer Kommune. Der Vorbesitzer hatte wohl keine Kenntnis von dem, was da auf unserem Grundstück geschehen ist. Das war zumindest seine Auskunft gegenüber unserem Makler, den wir zuerst von diesem Same-Schreiben informierten. Im Rathaus unserer Kommune in Hansnes trafen sich die beiden mit der Planungsdirektorin, welche bei unserem ersten Treffen überzeugte Befürworterin war. Doch das Meeting ergab nur, dass ihr in diesem Fall die Hände gebunden seien. Sie empfahl aber unserem Projektleiter den direkten Kontakt mit dem Same-Parlament. Wir unterdessen entwickelten Alternativ-Pläne anhand unseres 1:300 Modells. Gleichzeitig entwickelten wir eine Anzeigentafel für das kulturelle Erbe der Samen, die als Tauschmittel für eine Freigabe unseres gesamten Baulandes dienen sollte. Beides, die neuen Pläne und die eigens entwickelte Info-Tafel, übersandten wir noch vor dem Treffen an unseren Projektleiter. Das Ergebnis war sehr erfreulich. Auch ohne Tafel dürfen wir mittels einer Sondergenehmigung vom Same-Parlament unseren ursprünglichen Bauplan durchführen. Was hat unser Projektleiter da wieder gezaubert?

Traum-Häuser werden real

Nun stand fest, wie das neu erworbene Grundstück an der nordnorwegischen Atlantikküste zweckmäßig aufgeteilt wird. Unsere Entscheidung fiel anhand des von uns gebauten und detailgetreuen Modells im Maßstab 1:300. Wir informierten unseren Projektleiter Alf über unsere Entscheidung, der diese Information für die Beantragung der Bauplanänderung bei der Kommune benötigte.

Nun war nur noch unklar, ob der von uns kreierte Haustyp auch so funktionieren würde. Wir hatten eine Außenfassade gewählt, die einen großzügigen Blick aus allen Wohnzimmern auf das Wasser gewährt.

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Luftbild-Perspektive vom Modell der Anlage Mikkelvik

Dazu entwickelten Katja und ich einen Wohnungsgrundriss, der unserer Meinung nach alle Vorzüge moderner Ferienwohnungen vereinte. Jetzt brauchten wir nur noch einen Hausbau-Unternehmer, der unsere Ideen in die Realität umwandeln konnte. Wir suchten vorrangig in Estland, im europäischen Osten, da die dort hergestellten Holzbauten auf Europas Baustellen zu den Professionellsten gehören, nicht zuletzt was das Preis-Leistungs-Verhältnis betrifft.

Katja fand nach intensiver Suche im Internet dann einige vielversprechende Unternehmen. Die meisten äußerten sich auch darüber, dass sie über ausreichend Erfahrung auf dem skandinavischen Markt verfügen. Zwei Unternehmen blieben nach unserer gewissenhaften Vorauswahl übrig. Das erste Unternehmen, welches wir unter die Lupe nehmen wollten, lud uns nach Schweden ein. Dort könnten wir deren neueste Bauprojekte ansehen und anfassen, erfuhren wir als „Lockmittel“. Wir waren interessiert und planten unversehens unsere Kurzreise nach Åre in der Nähe von Østersund, im mittleren Westen von Schweden. Das ist wohl DER angesagte Luxus-Ski-Ort für die Skandinavier, brachte unsere Vorrecherche zu Tage.

Die 29h Reise

Gerade kommen wir zurück von dieser Kurzreise. Nach angenehmer Anreise, mit SAS-Zwischenstopp im verregneten Stockholm und knallrotem A-Klasse-Service von Sixt am Flughafen in Østersund, trafen wir uns mit Raiko. Das ist der Inhaber der estnischen Hausbau-Firma. Als Treffpunkt wählten wir die Lobby des nobel vermarkteten Copperhill Hotels auf dem am höchsten bebauten Punkt von Åre. Auf den ersten Blick fiel uns Raiko gar nicht auf. Er saß genau gegenüber der Eingangstür. Doch als wir an der Rezeption sehr freundlich bedient waren, riefen wir ihn via Mobiltelefon an und trafen somit einen sehr zurückhaltenden und überaus freundlichen Mann unseres Alters. Er sprach gut Englisch und wirkte sehr seriös und aufgeräumt.

Das Treffen lief toll. Raiko fuhr mit uns zuerst zu einer Baustelle in der Nähe des Hotels. Es war einer der Haustypen vom aktuellen Inhalt seiner Webseite, der gerade in Åre entstand. Eine Rahmenkonstruktion aus Vollholzstämmen aus estnischer Pinie. Die Wände bestanden zu Großteilen aus vorgefertigten Elementen, die im Heimatwerk in teils liebevoller Handarbeit hergestellt wurden. Die Baustelle roch herrlich nach frischem Holz von guter Qualität. Die Materialien seien alle unbehandelt, was die chemischen Aufbereitungsmittel anbelangt, sagte uns Raiko. Das bedeutet, dass diese verarbeiteten Hölzer ausreichend Reifezeit genießen konnten, bevor sie in die Verarbeitung gelangten. Wir kletterten gemeinsam im und ums Haus herum und schauten uns alles ganz genau an. Tolle Verarbeitung und schon in dem Rohbau merkte man das angenehme Klima, dass in Holzhäusern so typisch ist.

Typischer Hausbau des estnischen Holzhaus-Bauunternehmens
Typischer Hausbau des estnischen Holzhaus-Bauunternehmens

Als nächsten fuhr Raiko mit uns zu einem vor zwei Jahren durch sein Unternehmen fertiggestelltes Haus. Vorbei an vielen Häusern die auch aus seinem Unternehmen stammten, fuhren wir gerade wieder den Berg zu unserem Hotel hoch. Wir hielten an einem Dreigeschosser in Vollholzbauweise. Raiko hatte im Vorfeld des Meetings die Schlüssel besorgt und präsentierte uns hier stolz das gesamte Interieur einer seiner ehemaligen Baustellen. Auch hier roch es noch immer angenehm nach dem frisch geschlagenen Holz. Das Haus war sehr stilvoll eingerichtet und ähnelte auch im Grundriss unseren Vorstellungen. Die Qualität der Bauweise erwies sich ebenfalls als höherwertig. Die bei Vollholzbauweise über drei Etagen üblichen Versetzungen waren ersichtlich einkalkuliert. Beeindruckend waren auch die Effekte, die sich durch die massive Bauart ergaben. Balken von knapp einem halben Meter Durchmesser zierten mächtig gewaltig die Decken der oberen Etage. Große Fensterfronten erlaubten uns einen weiten Blick auf das traumhaft herbstliche Abendsonnen-Panorama der År`schen Berg-Tal-Fluss-Formation. Wir waren begeistert und voller Vorfreude auf die Pläne für unsere Häuser, die Raiko uns mitbringen wollte.

Unser Treffpunkt - die Hotellobby des Copperhill Mountain Hotel
Unser Treffpunkt – die Hotellobby des Copperhill Mountain Hotel

Zurück in der Hotellobby kamen, fast gleichzeitig zur spendierten Abendbrot-Platte, die ersten Entwürfe auf den Tisch. Im Hintergrund knisterte wohlig der Kamin. Wir hatten Raiko vorab unsere Vorstellungen und unsere Grundrisse übermittelt. Er hatte daraus eine komplette 3D-Konstruktion gefertigt und präsentierte uns nun „unser Haus“ als statisch und architektonisch überarbeitete Variante seines Baukastensystems. Das Haus wirkte auf den ersten Blick angenehm vertraut. Auch die Grundrisse funktionieren in dieser Variante perfekt. Sein Treppenanbau für den Zugang zur zweiten Etage war eine gelungene Ergänzung. Ein wenig unklar war noch die Fenstergestaltung. Raiko hatte in den Schlafzimmern vorerst bodenhohe Fenster geplant.

Alle Entwürfe der Traum-Häuser entsprachen unseren Vorstellungen
Alle Entwürfe der Traum-Häuser entsprachen unseren Vorstellungen

Wir entschieden uns aber spontan für normale Fensterhöhen an den Seitenwänden. Wir waren nicht der Meinung, dass in den Schlafzimmern unserer Gäste die Fenster bis zur Erde gewünscht seien. So saßen wir noch eine ganze Weile vor dem Kamin und gingen alle möglichen Varianten durch, plauderten über unser Projekt und über seine Unternehmensstruktur und das Vorgehen bei einem gemeinsamen Bau. Alle unsere Fragen konnten wir in diesem sehr angenehmen Gespräch klären. Wieder einmal stellten wir fest, dass es gut ist, mehr als eine Fremdsprache zu beherrschen.

200% teurer

Das anschließend präsentierte Preisangebot liegt dann bei knapp 200% unserer bisherigen Budgetplanung. Das verursachte zwar ein „Schlucken“ bei uns, aber nach reiflicher Überlegung wurde uns bewusst, dass es Erstens besser sei etwas mehr Geld auszugeben für gehobene Qualität. Diese Häuser werden noch in 50 Jahren den rauen Bedingungen im hohen Norden standhalten. Zweitens verstanden wir seinen ersten Angebotspreis auch noch nicht als Endsumme. Dazu bedarf es noch einiger Verhandlungsangebote von beiden Seiten. Immerhin geht es bei diesem Projekt um ein Prestigeobjekt für sein und unser Unternehmen. Wir verabschiedeten uns gegen 21 Uhr mit zufriedenen Worten und gingen in unser Zimmer.

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Ein Sprung über die gesamte Breite des Fensters vermieste uns den Ausblick

 

Außen hui…und innen…

Die Zimmereinrichtung war urig und modern zugleich. Das Copperhill hat im Gesamten einen sehr ambitionierten Eindruck gemacht. Das Personal war sehr freundlich und die Investition in das Hotel sichtbar hochwertig. Leider wirkte es ein wenig nachlässig gesäubert in unserem Zimmer und auch das Panoramafenster hinten raus hatte einen Sprung über die ganze Breite. Das Essen, sowohl zum Abendbrot wie auch zum Frühstück, war üppig aber leider ein wenig lieblos zusammengestellt. Das kennen wir selbst aus Wernigerode besser. Aber die freundliche Stimmung der überwiegend jungen Servicekräfte riss alles wieder raus. Wir zappten noch ein wenig durch die schwedischen Kanäle und schliefen dann früh ein.

Am nächsten Morgen trafen wir Raiko noch einmal am Flughafen. Wir hatten denselben Flug zurück nach Stockholm gebucht. So kam es, dass wir zum gemeinsamen Frühstücks-Kaffee auch noch ein wenig ins Plaudern kamen. Hier lernten wir ihn auch ein wenig von seiner ebenfalls soliden privaten Seite kennen.

Raiko und Oliver beim Abschied nehmen in Stockholm
Raiko und Oliver beim Abschied nehmen in Stockholm

In Stockholm schüttelten wir zum Abschied und in der Hoffnung auf eine gute künftige Partnerschaft die Hände. Wir denken, dass wir neben unserem Haustyp nun auch das passende Unternehmen gewählt haben, welches unsere Häuser wunschgerecht umsetzen kann.

Handelsregister beantragt

Die Geldtransfers gestalteten sich etwas eigenartig. Im Vorfeld der Reise zum Kaufvertragsabschluss hatte ich das Geschäftskonto in Deutschland auf ein Premiumkonto umgestellt. Ein Grund dieses Konto-Upgrades war die Tatsache, dass künftig auch ein Fremdwährungskonto Vertragsbestandteil sein würde. Dieses richtete ich für die Währung NOK ein. Auch das Übertragen von einem Konto mit €-Währung auf das Konto mit norwegischer Währung ging reibungslos und ohne Zusatzkosten, zum aktuellen Tageskurs, über die Bühne. Vielen Dank nochmal an dieser Stelle für unsere kompetente und zuverlässige Geschäftskundenbetreuerin von der Commerzbank.

Doch womit ich nicht rechnete, war der vermeintliche Diebstahl von meinem NOK-Konto: Ich hatte in Tromsø ein Geschäftskonto für Mikkelvik eröffnet, um für die frisch gegründete „Mikkelvik Eiendom AS“ die Stammeinlage einzahlen zu können.

Diebstahl in einem fremden Land?

30.000 NOK müssen nachgewiesen eingezahlt sein, um im Handelsregister registriert werden zu können. 30.000 gingen in Deutschland auch auf die Reise, doch es kamen nur 29.950 Kronen auf unserem neuen norwegischen Konto an. Somit konnte mir der Bankangestellte auch keine Bestätigung zur vollständigen Einzahlung geben. Auf meine Frage, ob es denn doch Gebühren für den Empfang von Geldtransfers aus dem Ausland gebe, bejahte er. Daraufhin intervenierte ich, begründet auf der Tatsache, dass ich mich im Vorfeld gerade nach diesem Fakt erkundigt hatte. In einer E-Mail hatte ich noch immer die Gebühren-Verneinung einer Filialleiterin aus Hansnes. Ihre Aussage übermittelte ich an unseren Bankmitarbeiter. Seine Reaktion fiel nicht zu meiner Zufriedenheit aus. Er schrieb nüchtern: „Da haben Sie eine falsche Information erhalten.“

Danke für die Information, dachte ich, und beließ es selbstverständlich nicht dabei. Ich übermittelte diese Konservation dem Bankchef dieser Filiale, mit dem Erfolg, dass nun bis zu diesem Tag alle Transfergebühren erstattet werden. Das war auch gut so, denn auch der Kaufpreis war bereits nach Tromsø übertragen worden.

So kam ich endlich zu meiner Bankbestätigung und der Onlineregistrierung im Handelsregister stand nun nichts mehr im Wege, dachte ich. Auch hierbei gab es eine Hürde: Online registrieren geht nur, wenn man eine norwegische ID hat. Entweder eine Bankcard oder eine sonstige Personen Identifikationsnummern. Weil wir aber beides noch nicht haben, bleibt also aktuell nur der umständliche und teurere Weg des Papierantrages.

Bestens beraten

Zwischenzeitlich habe ich in zwei Foren Profile und Threets eröffnet, um dort ein wenig das Online-Marketing anzukurbeln. In einem Forum „Trolljentas-verden.no“, traf ich auf ein Nutzerprofil namens <Emil>. Dieser Nutzer äußerte sich dort zu norwegischen Steuerfragen. Beim näheren studieren seines Profils sah ich, dass dies ein deutscher Auswanderer ist, der in Norwegen eine Zulassung als Steuerberater hat. Ich ging auch auf seinen Blog und stellte dort im Kontaktformular meine noch offenen Fragen zum Handelsregisterantrag. Bereits am nächsten Tag hatte ich auch prompt eine Antwort von ihm im Postfach. Er wies mich auf einige Besonderheiten hin und teilte mir auch mit, dass wir gern mal telefonieren könnten.

Am selben Tag noch nutzte ich die Gelegenheit und rief ihn an. Sämtliche Fragen zum Vorgang konnte er sofort beantworten und ich entschloss mich spontan zur Zusammenarbeit.  Ich vereinbarte mit ihm, dass er die Online-Registrierung für uns übernehmen solle. Ich hoffte somit Fehler durch meine Unerfahrenheit zu umgehen und damit auch Zeit zu sparen. Wir einigten uns auf einen moderaten Preis und ich übersandte ihm alle vorbereiteten Formulare. Schon am nächsten Tag war alles perfekt. Ich erhielt von ihm Korrekturvorschläge für die Gründungspapiere und alle Anträge unterschriftsreif vorbereitet via E-Mail. Ich entschloss mich umgehend dazu, ihm die gesamte Steuerberatung für die neue Firma zu übertragen.

Für unser Projekt die beste Kombination: das Know How einer großen Kanzlei im Rücken (er arbeitet dort seit einigen Jahren) und die deutsche Sprache zur Erklärung aller steuerlichen Belange.

Jetzt, einen Tag später bin ich heilfroh, dass mir dieser Kontakt einfach so „über den Weg lief“. Endlich ist auch dieses Thema „Handelsregisteranmeldung“ ziemlich perfekt gelöst und zudem sind wir auch steuerlich gut und vor allem verständlich beraten.

 

 

Der Grundstückskauf

Warum alles was schief läuft doch gerade recht ist

Alles war gut vorbereitet. Es war Mittwoch früh, der 28. August und der Flug für 12:00 Uhr angesetzt. Gepackt hatten wir am Vorabend und sämtliche Dokumente bereits Wochen zuvor ausgearbeitet. Ziel unserer Reise war Tromsø oder besser gesagt Mikkelvik. Dort hatten sich meine Frau Katja und ich im Mai 2014 in ein Grundstück verguckt. Wir fanden es im Frühjahr auf finn.no – der norwegischen Plattform für Immobilieninserate jeglicher Art. In Tromsø hatten wir für Donnerstag Termine mit Beratern der SpareBank 1, dem Makler und dem von uns gewählten Projektleiter vereinbart.

Zum morgendlichen Kaffee ging ich alles noch einmal durch:

  • Reiseunterlagen wie Hotel-, Sixt- und Norwegian-Buchung – Check
  • Kaufvertrag in vierfacher Ausfertigung – Check
  • Regulierungs-, Lagepläne und Skizzen – Check
  • Formulare zur Eröffnung des Gesellschaftskontos – Check
  • Dokumente zur Gründung einer norwegischen Gesellschaft – Check
  • Handelsregisterauszug – Check
  • Ausarbeitungen der Projektleitung – Check
  • Verabredung mit Robert aus Stavanger – Check

Um 10:00 Uhr saßen wir im Auto und fuhren los. Schönefeld ist knapp eine halbe Stunde entfernt. Der Parkplatz mit Shuttle-Service war ebenfalls reserviert. Dort angekommen erfuhr ich, dass scheinbar nur ich von der Reservierung am Telefon wusste. Dennoch nahm uns der freundliche Mitarbeiter der Park & Fly Firma das Auto ab. Für drei Tage Standzeit nur 25€ inklusive der 5 Minuten Shuttlefahrt zum Terminal A – hin und zurück. Wir hatten noch reichlich Zeit nach dem Check inn. Zeit für einen gemütlichen Kaffee und ein Focchacia mit Mozarella und Tomate. Abflug um 12:05 Uhr. Ein Zwischenstopp in Oslo, der norwegischen Hauptstadt, dauerte diesmal dreieinhalb Stunden. Zeit für uns, um rauchen zu gehen und um das Angebot von unserem Projektentwickler noch einmal intensiv zu lesen.

Anflug auf Tromsø
Anflug auf die Insel Tromsø in Nord-Norwegen

Um 19:00 Uhr waren wir pünktlich und leicht entkräftet in Tromsø am Flughafen. Dank der Einschränkung meiner Frau, was das Gepäck anbelangt, konnten wir nur mit Handgepäck reisen und mussten nicht auf die Kofferausgabe warten. Wir steuerten den Sixt-Schalter in der Haupthalle an, der geschlossen aussah. Doch wir hatten bei denen einen Kleinwagen über einen renommierten Online-Vermittler reserviert. Zumindest klebte ein Zettel am geschlossenen Rollgitter. Darauf stand die Mobilnummer des Mitarbeiters, der auch gleich um die Ecke mit der Flottenpflege beschäftigt war. Zwei Minuten später stand er vor uns und erklärte uns im perfekten English, dass ihm keine Buchung für diese Tageszeit vorlag. Ich gab ihm meine Buchungsnummer von Rentalcars und er bemühte den Computer für mehr Informationen. Diese fand er auch. „We have a question from rentalcars but we dont have that type of car. So i have give that booking back to rentalcars.“ Das hatte uns aber niemand mitgeteilt und so drängten wir ihn, nach einem anderen Fahrzeug zu suchen. Das gelang ihm auch. Er war kurz weg, seiner Auskunft nach in der Garage und kam nach einer viertel Stunde zurück mit positiver Mimik. Ein Ford Mondeo Stationwagon zum gleichen Preis wie der gebuchte Kleinwagen machte uns diesen Mann sofort sympathisch. So konnten wir nun mit ihm ausgelassen plaudern, während er die Papiere fertig machte. Wir erzählten ihm kurz den Grund unserer Reise und auch das wir auf Ringvassøya ein Grundstück kaufen. Er machte große Augen und fragte wo. Als er auch noch den Ort von uns hörte, streckte er überaus erfreut seine Hand zu uns aus und sagte: Herzlich willkommen ich bin ein Nachbar! Es stellte sich heraus, dass auch er in Mikkelvik wohnt und sein Grundstück nur 5 Minuten von unserem entfernt liegt. Wir plauderten noch eine Weile über die Bedingungen von Grundstückswerten in der Region und wie angenehm es dort sei, zu leben und zu fischen. Wir versprachen einander in Kontakt zu bleiben und tauschten Mobil- und E-Mail-Kontakte.

Nachts sind alle Katzen…

Auf dem Weg ins „St. Elisabeth Hotel“ erhielten wir eine freundliche SMS von der Rezeption. Darin stand, dass man sich schon auf uns freue und wie wir nach 21:00 Uhr an unseren Zimmerschlüssel gelangen können. Doch so spät war es noch nicht und der Rezeptionist saß noch auf seinem Empfangsplatz als wir eintrafen. Wir brachten schnell das Handgepäck auf unser Zimmer im dritten Geschoss und fuhren umgehend wieder los. Wir wollten noch das Grundstück in Mikkelvik aufsuchen, um es noch einmal in einer neuen Stimmung kennen zu lernen. Der Abend war voll von tiefhängenden regenschweren Wolken und die Ebbe hatte gerade ihren Tiefststand erreicht. Außerdem fiel die Helligkeit so spät recht spärlich aus. Nach einstündiger Fahrt vom Hotel erreichten wir das Nachbargrundstück des Gemeindehauses. Wir konnten in der Dämmerung nur noch die Struktur und die Grenzen unserer neuen Heimat erkennen. Dennoch stapften wir runter zum Ufer, wo uns aufgeregte Brutvögel salutierten. Wir gingen noch bis zur ersten Anhöhe und brachen dann doch schon ab, da es sich beim Untergrund überwiegend um große Steine und Mooshügel handelt, die allesamt vom Regen glitschig und nur riskant zugänglich waren. Also wieder rein ins Auto und die Stunde zurück ins Hotel. Dort angekommen fielen wir gegen Mitternacht zufrieden ins gemütliche Doppelbett.

Heiter bis wolkig

Der nächste Morgen begann um 07:00 Uhr. Nach dem Aufstehen und Frischmachen suchten wir uns auf dem Weg zur SpareBank1 einen Kaffeeausschank und zogen weiter mit zwei Kaffee Latte to go und einem Croissant in Richtung Storegata, der Flaniermeile im Zentrum von Tromsø. Punkt neun empfingen uns zwei freundliche Bankmitarbeiter, denen ich bereits im Vorfeld alle Antragsformulare für die Kontoeröffnung zugesandt hatte. Der eine von beiden wurde mir im Vorfeld unserer Reise vom Bankchef persönlich zugewiesen und der andere war scheinbar der, der sich mit der Sachlage auskennen müsste. Nach einigem hin und her erklärten sie uns, dass ich als Anmelder der norwegischen Gesellschaft unbedingt eine sogenannte D-Nummer benötige. Ohne D-Nummer könnten sie kein Konto für uns eröffnen. Wir intervenierten, mit Argumenten wie „Im Internet steht es anders!“. Es half nichts und sie schickten uns zum nahe gelegenen Skattekontor – dem Finanzamt der Kommune Tromsø.

Dort zogen wir nach unserer Ankunft eine Wartenummer und schon nach 10 Minuten waren wir am Schalter. Ein netter norwegischer Mitarbeiter erklärte uns im fließenden English, dass wir bei ihm falsch seien und wir diese Nummer in Brønnøysund, dem hiesigen Registeramt, beantragen sollten. Er erklärte uns aber auch, dass es nicht nötig sei für eine Gründung, wenn der juristische Gründer eine deutsche GmbH sei. Die D-Nummer ist nur für Ausländer, welche sich in Norwegen aufhalten und arbeiten wollen und noch keine Personennummer (Fødselsnummer) beantragen dürfen. Mit dieser Information bewaffnet kündigten wir via SMS einen erneuten Besuch beim unserem freundlichen Bankangestellten in der SpareBank 1 zu 11:30 Uhr an. Vorher wollten wir noch Robert vom Flughafen abholen. Der kam extra aus Stavanger geflogen um sich ebenfalls das Grundstück und die Region Tromsø anzusehen. Er hatte zuvor signalisiert in unser Vorhaben investieren zu wollen. Mit ihm gemeinsam ging es wieder in die Innenstadt und auf direktem Weg zur Bank. Dort schafften wir es auch die beiden noch etwas skeptischen Mitarbeiter umzustimmen. Sie eröffneten endlich ein vorübergehendes Konto. Nun könnten wir hierauf die 30.000 Kronen Aksjekapital einzahlen und sie würden uns dann auch den Eingang des Geldes für unsere Eröffnungsbilanz bestätigen. Das ist auch nötig, denn ohne diese Bilanz wird man in Norwegen nicht im Handelsregister von Brønnøysund registriert. Ohne Registrierung wiederum bekommt man kein normal funktionierendes Konto und ohne dieses ist eine Firma dort nicht vollwertig. Außerdem wollten wir über dieses Konto auch unseren Grundstückserwerb monetär abschließen, um beide Unternehmen bilanzgerecht voneinander abzugrenzen.

Wall Street Flair in Tromsø

Als nächstes stand um 12:00 Uhr der Termin beim Makler an. Ben-Ruben, ein engagierter Mittdreißiger, empfing uns im großen Kontor von SNE Eiendom AS mit viel Freundlichkeit. Wir tauschten viel Papierkram, darunter den von uns unterzeichneten Kaufvertrag in dreifacher Ausfertigung nebst Anhängen, den Antrag für die Konzession, das Übergabeprotokoll für die Immobilie unterschriftsreif vorbereitet und viele Standarddokumente von SNE, die man als Käufer dort eben erhält. Das Gespräch war heiter und alle „Nase lang“ ertönte eine Schiffsglocke im Kontor als Zeichen eines neuen Verkaufs-Abschlusses. Es brachte ein wenig WallStreet-Flair in das kleine Kontor im Herzen von Tromsø. Abschließend sprachen wir noch einmal über die Rahmenbedingungen für den Kauf des von uns ursprünglich avisierten Grundstückes „Trollvikneset“. Wir machten ihm indirekt ein Angebot zum Kauf dieses Nachbargrundstückes und verblieben in dem Vorhaben, in naher Zukunft die Verhandlungen dazu zu intensivieren. Wir verabschiedeten uns ungewöhnlich herzlich, er zeigte uns noch schnell seine Fotos von den letzten Jagd- und Angelausflügen in der Nähe unseres Grundstückes. Abschließend bot er an, dass wir ihn gern mit jeglichen Fragen behelligen dürften und er gern bereit sei, uns behilflich zu sein bei unserem Vorhaben.

Das nenne ich Kommune

Nun mussten wir auch schnell weiter, denn wie wir von Ben-Ruben erfuhren, wurde unser anschließendes Treffen mit Alf, dem Projektleiter, und Bjørnar, dem Verkäufer unseres Grundstücks, um einige Personen erweitert. Es sollte im Rådhus der Kommune Karlsøy in Hansnes ein Treffen mit dem Planungsdirektor und der technischen Leiterin der Kommune stattfinden, auf dem es um die Zukunft unserer Unternehmung ging. Das bedeutete aber auch, dass wir nun nur noch einundeinhalb Stunden Zeit hatten, Alf aus seinem Büro abzuholen und nach Hansnes ins Rathaus zu fahren. Das war wenig Zeit um sich professionell auf ein derart wichtiges Treffen vorzubereiten, zumal wir überhaupt nicht wussten, was da auf uns zukommt. Im Auto tauschten wir hastig Informationen aus. Alf nuschelt das Norwegische etwas, so dass es für Einsteiger in diese Sprache, wie uns, schwer war ihn zu verstehen. Zum Glück konnte Robert etwas mehr verstehen, da sein Auslandsaufenthalt in Schweden und Norwegen nun schon einige Jahre länger währte.

Pünktlich um 16:00 Uhr betraten wir das Rathaus zusammen mit Alf und Bjørnar. Es empfing uns die technische Leiterin und brachte uns in den kommunalen Sitzungssaal. Alf leitete das Gespräch ein indem er, Projektleiter mit 45 Jahren Berufserfahrung, auf fröhliche und gewiefte Art ein klitzekleines Lächeln in die noch mürrischen Gesichter der beiden Leitungsmitarbeiter zauberte. Dann übergab er an mich und nach kurzer aber herzlicher Ausführung unserer Pläne übergab ich das Wort dann an Katja. Sie schaffte es mit weiblicher Intuition und passenden norwegischen Worten die Technische Leiterin auf unsere Seite zu ziehen. Der Planungsdirektor ließ seinen überanstrengten Blick bestehen – immerhin waren das gerade Überstunden, die er für uns investierte. Doch als Alf dann unsere Zeichnungen und die Fotos von den Beispielhäusern vorlegte, entlockte er dem Planungsdirektor tatsächlich ein „bra“ nebst einem Lächeln. Das Gespräch ging nun ganz in unserem Sinne weiter. Wir wurden von den Mitarbeitern der Volksvertretung ab jetzt beraten, wie wir auf einfachem Weg die Bauplanänderungen durchkriegen und was wir weiterhin beachten sollten. Auch das die notwendigen Gebühren für uns auf dem niedrigsten Niveau gehalten werden, deuteten wir als Entgegenkommen. Der Abschied war unerwartet herzlich und unsere norwegischen Begleiter bestätigten unseren Eindruck. Sie sagten, dass die beiden Leitungsangestellten der Kommune sehr erfreut seien über eine derartige Investition in ihre 2000-Seelen Gemeinde.

Projektleiter Alf Bertheussenzusammen mit Katja und Oliver bei planenden Blicken über Mikkelvik
Projektleiter Alf Bertheussen zusammen mit Katja und Oliver bei planenden Blicken über Mikkelvik

Nun ging es weiter zum Grundstück. Robert war schon ganz neugierig. Auch weil er merkte, dass wir „die Nägel bereits mit Köpfen versehen“ hatten. Wir fuhren übers Fjell, vorbei an schier unendlicher natürlicher Schönheit. Vorbei an riesige Seen- und Waldlandschaften kamen wir hinab zu unserem Skogsfjord, welcher auf drei Seiten Zugang zum Nordmeer bietet. Nach einer knappen Viertelstunde parkten wir an unserer Liegenschaft neben dem Jugend- und Gemeindehaus, welches fortan unser direkter Immobiliennachbar ist. Kaum ausgestiegen stapften wir alle los. Bjørnar suchte als erstes die Grundstücksmarkierungen und ich half ihm dabei. Alf schwenkte wild seine Planzeichnungen und stapfte tapfer mit seiner künstlichen Hüfte über das unwegsame Gelände. Katja und Robert machten Fotos vom Sonne bestrahlten Umfeld. Was für ein wunderschönes Stück Land! Zwei Buchten am Wasser begrenzen es westlich. Im Süden grenzt es an das ebenfalls von uns begehrte Nachbargrundstück – die Trollviknes (Trollbuchtnase auf Deutsch). Im Norden ist das Gemeindehaus unser direkter Nachbar und im Osten geht’s über die Straße und dort gehört uns noch einmal 1 Hektar hügeliges, naturbelassenes Land.

Mikkelvik im Kopf und jetzt auch unter den Nägeln

Unsere Phantasien spielten verrückt. Innerhalb kürzester Zeit hatte unser Gehirn alle möglichen Baupläne verwirklicht und so spazierten wir über Stock und Stein durch „unser fertiges Urlaubscamp“. Endlose Varianten wären hier möglich. Auch Bjørnar machte einen etwas wehleidigen Eindruck, dass er uns dieses schöne Stück Land nun überlassen muss. Alf hatte sofort seine Projektierungsideen und so schritten wir alle gemeinsam, von Zukunftsmusik begleitet, am Wasser entlang. Nach einer knappen Stunde gingen wir noch auf die Hügel unseres Grundstücks jenseits der Straße. Was für ein herrlicher Platz – auf einer ca. 25 Meter Anhöhe gibt es ein Plateau, auf dem ein privater Wohnsitz sicher einzigartige Wohn- und Lebensqualität bieten würde. Das hatten wir bisher nur auf Landkarten und auf Luftbildaufnahmen wahrgenommen. Doch jetzt hier auf dem eigenen Grund zu stehen, war schon ein einzigartiges Erlebnis. Ein erhöhter und schier endlos reichender Ausblick gen Norden und Westen. Im Rücken ein Bergkamm und im Süden hügeliges Grün. Am Fuße eine kleine Agrarfläche und direkt vor der Nase das Wassergrundstück, auf dem wir in naher Zukunft das Urlauberparadies aufbauen wollen.

Blick über das Gemeindehaus zum Fährhaven von Mikkelvik
Blick über das Gemeindehaus zum Fährhafen von Mikkelvik

Ich wollte gar nicht mehr weg dort. Wieder am Auto angekommen, zeigte uns Alf gleich seine zu Papier gebrachten neuen Bebauungsideen. Sie deckten sich nun mit unseren Einfällen und Zeichnungen. Jetzt war uns eines sehr bewusst: unsere Träume werden hier Wirklichkeit! Wir machten zum Abschied noch ein paar Bilder vom Fähranleger aus. Der Blick von dort ermöglicht eine Aufnahme des gesamten Grundstücks in digitaler Qualität. Zurück ging es wieder am Skogsfjord entlang, durch das wald- und seenreiche Hochland und dann entlang des Grøtsundes bis Tromsø. Kurz vor 21:00 Uhr setzten wir Alf an seinem Büro ab. Wir besprachen abschließend die nun folgende Vorgehensweise und dankten ihm herzlich für diesen erfolgreichen Tag. Er versprach uns, dass seine Rechnung für diesen Tag nur klitzeklein ausfallen werde. Gleichfalls sagte er uns für den kommenden Montag eine Landkarte zu, auf dem alle Höhenmaße detailliert aufgelistet seien. Punkt neun nahmen wir die Keycards für das für Robert reservierte Hotelzimmer an der Rezeption des St.-Elisabeth-Hotels entgegen. Auf Empfehlung des Rezeptionisten, der perfektes Oxford-Englisch sprach, beschlossen wir noch in die Innenstadt zu laufen um etwas zu essen. Wir fanden am Hafen das Sjømat-Restaurant „Arctandria“. Katja und Robert aßen ein hervorragend zubereitetes Rentier-Filet und ich begnügte mich mit Nudeln und Seefrüchten mit Gemüse. Zufrieden und gesättigt ließen wir den erlebnisreichen Tag noch einmal Revue passieren bevor wir uns zurück in die Hotelbetten schleppten. Immerhin hatten wir nur eine kurze Nacht vor uns. Der Flieger nach Oslo sollte am nächsten Morgen schon um 06:30 Uhr starten – das hieß aufstehen um 4:00 Uhr. Nach der kurzen Nacht fanden wir auch zügig den fünfminütigen Weg zum Flughafen, stellten das gemietete Fahrzeug wieder zurück an die dafür vorgesehene Position, legten die Schlüssel in die Postbox am Verleihschalter im Hauptgebäude und verließen die nördliche Hemisphäre pünktlich. In Oslo trennten sich dann wieder unsere Wege. Robert musste weiter in Richtung Stavanger und unser Anschlussflug sollte in einer Stunde Richtung Berlin-Schönefeld gehen. Das erreichten wir auch bei schwülen 22°C. Ungewöhnlich warm war unsere Empfindung, nachdem wir aus dem nur 9°C warmen Norden kamen. Vor zwei Tagen noch war uns das Wetter mit 20°C zu kühl für den August erschienen – wie paradox!